Das Geburtshaus Nr. 51, heute heute Großer-See-Weg 3 in Autenhausen. Bildquelle: Familie Morgenroth

Als Sara Strauß am 25. Februar 1875 in Autenhausen im Haus Nr. 51 zur Welt kam, wurde sie von ihren Eltern, Emanuel (genannt Manes) und Malchen Strauß, geb. Kaufmann sowie vier Geschwistern erwartet.

Geburtseintrag von Babette Lebrecht. Bildquelle: Landesverband Israelitischer Kultusgemeinden in Bayern, Geburtsregister Autenhausen

Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass der Vater Emanuel nur noch 13 Monate leben und die Geburt seines letzten Kindes nicht mehr erleben würde.
Sein Tod stellte die Familie vor große Herausforderungen, denn Malchen Strauß war nun eine junge Witwe mit sechs kleinen Kindern.

Für viele Jahre gibt es keine Aufzeichnungen über Saras Leben. Erst ihre Heirat mit dem verwitweten Löb Marx im Mai 1904 in Heidingsfeld ist dokumentiert.

Sie war mit29 Jahren keine ganz junge Braut mehr.
Ihr Ehemann war ein bereits 43 Jahre alter Witwer, stammte aus dem unterfränkischen Mittelsinn und brachte vier minderjährige Kinder mit in die Ehe. Erst sieben Jahre nach der Hochzeit kam 1911 die einzige gemeinsame Tochter Rosa, genannt Rosel, in Mittelsinn zur Welt.

 
Es ist anzunehmen, dass das Ehepaar Marx nach der „Kristallnacht” Mittelsinn verließ und auf Umwegen nach Köln zog.
Es gibt viele Leerstellen im Leben von Sara und Löb Marx, auch ihre letzten Lebensmonate sind nicht lückenlos nachvollziehbar.

 
Am 26. Oktober 1942 starb Löb Marx im Sammellager Fort V, in Köln – Müngersdorf.
Es diente als Deportationslager und Durchgangsort für alle, die die katastrophalen Verhältnisse überlebt hatten. Löb Marx wurde 81 Jahre alt.

Der Name von Sara erschien drei Monate später auf der Liste eines „Alterstransports Theresienstadt“. Die Transportliste gibt als „Wohnung” mit Ort und Straße lediglich an, Sara Marx habe in Köln – Müngersdorf, Fort V
gewohnt.
Gemeint ist das gleiche Sammellager, in dem Löb Marx gestorben war, in welchem es auch in der Realität weder Straßen noch Hausnummern gab.

Transportliste (Ausschnitt) von Berlin nach Theresienstadt. Sara Marx ist unter Nummer 3 geführt. Bildquelle: ITS Archive, Arolsen Archives. Bei dem Eintrag „Ottenhausen” als Geburtsort handelt es sich um einen Schreibfehler, richtig ist Autenhausen.

Dieser Transport vom 29. Januar 1943 nach Theresienstadt startete in Berlin und fuhr unter der Bezeichnung 1/88.

 
Wie die Häftlinge am 15. Januar 1943 aus Köln-Müngersdorf nach Berlin gebracht wurden, ist nicht bekannt. Für zwei Wochen mussten die Gefangenen in einem Sammellager in Berlin ausharren, bis sie auf ihre Weiterreise „in Richtung Osten” und ins Ungewisse geschickt wurden.

 
Sara Marx überlebte die Zustände in Theresienstadt mehr als ein Jahr lang, sogar zwei harte und in jeglicher Hinsicht entbehrungsreiche Winter. 

Sie wurde 69 Jahre alt. 

Es gibt keine Sterbeurkunde, keine Todesursache, keine sonstigen Hinweise, nur die Festlegung ihres Todestages. Am 12. April 1944 ist sie gestorben.

Ihre Tochter Rosel hat Deutschland noch rechtzeitig im Juni 1939 verlassen können.

Mit ihrem Mann Kurt Berg und ihrem 18 Monate alten Sohn Emil floh sie zunächst von Genua aus nach Mombasa in der damaligen Britischen Kronkolonie Kenia und später in die USA. Dort ist sie 1995 im Alter von 84 Jahren gestorben.

Grabstein von Vater Manes Strauß, gest. 1876 in Autenhausen. Der Grabstein steht im dortigen jüdischen Friedhof und hat die Nr. 54
Rückseite des Grabsteins, Bildquelle: Gaby Schuller