1898 wurde die jüdische „Elementarschule“ im eigenen Gebäude (Haus-Nr. 74, an der Stelle des heutigen Rückgebäudes Bergstraße 15) eröffnet.

Schon in der ersten Synagoge wurde wohl jüdische Religion gelehrt. Infolge der 1814 gültig gewordenen Schulpflicht wurden die Kinder seit 1824 von einem Lehrer unterrichtet, der nebenbei als Kantor und Schächter tätig war. Wegen Schülermangels schloss die Schule 1911.

Die jüdischen Autenhäuser waren mehrsprachig: Untereinander haben sie vermutlich jiddisch mit fränkischem Einschlag gesprochen.
Möglicherweise verwendeten die jüdischen Viehhändler auch eine spezielle, dem Jiddischen verwandte Sondersprache wie ihre Kollegen im mittelfränkischen Schopfloch das „Lachoudisch“.

Die Grabsteine „sprechen“ Hebräisch, das auch in den Gottesdiensten angesagt war: Die Sprache der Tora.

Bereits Simcha / Simon, der seit 1667 zur ersten Generation jüdischer Autenhäuser gehörte, handelte mit Vieh. Seinen Beruf übten bis zum Ende der Gemeinde 1923 die Meisten hier aus.

Daneben gab es Tuch- und Hausierhändler, Seifensieder und Buchbinder. Reich wurden die Autenhäuser nicht:
Die Fertigstellung der zweiten Synagoge und die Erweiterung des Friedhofs konnte die mittelmäßig wohlhabende Gemeinde nur nach bayernweiten „Collecten“ stemmen.

Die Jahrhunderte alte jüdische Bildungstradition, den Söhnen und ab dem 19. Jahrhundert auch den Töchtern nicht nur Lesen und Schreiben, sondern Textkompetenz, also Textverständnis und Diskussionsfähigkeit zu vermitteln, war die wesentliche Basis des beruflichen Erfolges vieler Juden, die höhere Schulen und akademische Studien in einer Zahl absolvierten, die weit über dem jüdischen Bevölkerungsanteil lag.

Daher konnten auch ab- und ausgewanderte Autenhäuser in größeren Städten Karriere machen.
Abraham Friedmann (Autenhausen, Haus Nr. 40, heute: Lindenstraße15, 11. Juli 1873 – 1938 Paris) steht beispielhaft hierfür: Er zog 1902 als Viehhändler nach Coburg, wo er Industrieller mit dem Ehrentitel Kommerzienrat wurde.

Die hebräische Inschrift des Grabsteins von Pfeufer Gutmann auf dem Autenhäuser Friedhof (Autenhausen 3. 5. 1841 – 8. 9. 1912, Haus-Nr. 30, heute: Brückenstraße 9) berichtet nicht nur über die Rolle des Verstorbenen in der Gemeinde. Sie zeigt, dass auch die jüdischen Autenhäuser deutsch sowie hebräisch sprachen. Sie trugen jüdische Namen, die sich von den deutschsprachigen bürgerlichen unterschieden, Hinweise auf zwei Dimensionen ihrer kulturellen Identität: Die jüdische wurde gruppenintern gepflegt, die deutsche gewann im Zuge der Emanzipation an Bedeutung, wollten die Juden am Geschehen der Mehrheitsgesellschaft erfolgreich teilhaben. Zudem zeigt der deutsche Vorname „Pfeufer“, dass sie auch fränkisch sprachen: Im Bamberger Raum „pfeift“ man nicht, man „pfeuft“. (Bildquelle Grabstein aut-0045: Dr. Hubertus Habel. Übersetzung: Dr. Jonathan Isserlin. Datenquellen: Sammlung Gaby Schuller: Landesverband d. Israelit. Kultusgemeinden Bayern: R. S. A. J. 123, G. Tr. St.; Stadtarchiv Seßlach Geburts- u. Sterberegister Autenhausen.)
ja_rollup_04_Judenschule
Blick in die Coburger Judenschule 1390/96: Der Text, den der junge Schüler liest, ist die Lehre des Hillel, die als Quintessenz der Tora in der Überschrift dieses Ausstellungsbanners zitiert wird. Der Einzelunterricht entspricht gewissermaßen dem Endstadium der jüdischen „Elementarschule“, einer separaten Grundschule in Autenhausen: Der Sohn des Lehrers war der letzte Schüler. (Bildquelle: British Library MS 19776: Coburger Pentateuch, 1390-1396, fol. 72 v)
Abraham Friedmann übernahm nach dem Ersten Weltkrieg als Hauptaktionär die Coburger Fleischfabrik C. Grossmann A.-G, die bis in die Schweiz Schinkenprodukte verkaufte. Produktion und Handel mit Schweinefleisch zeigen deutlich das Zurückdrängen jüdischer Identität, um erfolgreich am öffentlichen Leben teilhaben zu können. Privat blieb Friedmann mit seiner Familie seinem Glauben treu. Er steht auch für die Kehrseite seines und seiner Glaubensgenossen Erfolgs: Als jüdischer Industrieller, dem die Nazis bereits 1922 unterstellten, er hätte linke Gegendemonstranten gegen Hitlers Aufmarsch in Coburg „gekauft“, war er die exemplarische Zielscheibe nationalsozialistischen Judenhasses. Auf der Basis einer Kampagne gegen ihn wurde Coburg 1929 zur ersten Nazistadt Deutschlands. 1933 floh er nach der Folterung durch SS-Leute nach Paris. (Bildquelle: Stadtarchiv Coburg A 16289)