Autenhausen lag mit der Nähe zu Thüringen, 1923 im Brennpunkt der sich bis November verschärfenden innenpolitischen Krise:
Frankreich hatte das Ruhrgebiet besetzt, die Hyperinflation alle Geldwerte vernichtet.

Zudem planten Kommunisten in Sachsen und Thüringen sowie das „bayerische Triumvirat“, Generalstaatskommissar von Kahr, Reichswehrgeneral von Lossow und Landpolizeichef Seißer, Umstürze der demokratischen Republik.

Den vom „Triumvirat“ eingesetzten „Grenzschutz Nordbayern“ dominierten im Coburger Abschnitt rechtsradikale und judenfeindliche paramilitärische Einheiten des „Jungdeutschen Ordens“ unter dem Gauerstadter Pfarrer Johnsen, des „Bundes Wiking“ unter dem putscherfahrenen Freikorps-Kommandeur Ehrhardt und des Verbandes „Bayern und Reich“.

Ihr Auftrag: Schutz der Grenze gegen KPD- und SPD- Einheiten aus Thüringen sowie militärische Unterstützung des vom „Triumvirat“ geplanten bayerischen Staatsstreichs gegen die Berliner Reichsregierung.
Zugleich sollten durch gezielte Grenzprovokationen „Gründe“ für den Münchner Putsch angezettelt werden.

Stark bewaffnet, aber schlecht ausgebildet und miserabel versorgt, hatten die vielfach auswärtigen, kaum kontrollierbaren und gewalttätigen „Grenzschützer“ bereits am 29. Oktober 1923 den jüdischen Untermerzbacher Karl Goldstein überfallen.

Da die Juden bald ausgewiesen würden, sollten sich die Männer von jenen holen, was sie bräuchten, so Johnsens Aufforderung. Daher suchten ca. 20 in Heilgersdorf stationierte Männer in der Nacht vom 3. auf den 4. November die beiden Ehepaare Gutmann in Autenhausen (Haus-Nr. 33 und 34, heute: Lindenstraße 1 und 5) heim: Adolf und Clara sowie Cousin Emanuel mit Rosa, der Schwester Claras.

Die „Grenzschützer“ schlugen Adolf und Emanuel vor dem Dorf halb tot und plünderten deren Häuser und Viehställe.

Beide Familien flüchteten noch in der Nacht ins thüringische Ummerstadt, wo sie ärztlich versorgt wurden, und weiter nach Gleicherwiesen.
Später siedelten sie nach Coburg über, wo sie die Viehhandelsfirma A&E Gutmann betrieben.

Von den 15 angeklagten Tätern erhielten der Coburger Anführer Götze drei Jahre und zwei weitere mehrmonatige Freiheitsstrafen.

Zwei der Opfer: Clara Gutmann und
Adolf Gutmann (Bildquelle: Privat)
Täter: Der „Jungdeutsche Orden“ marschiert um 1925 in Coburg. Links im schwarzen Anzug: Oberstleutnant a. D. und „Ordenskomtur“ Pfarrer Helmuth Johnsen aus Gauerstadt. (Bildquelle: Initiative Stadtmuseum Coburg/Ansichtskartensammlung Herold)
Zum Gerichtsverfahren: „Völkisches Gesindel“: Die Meldung zum Prozess vor dem Schöffengericht Bamberg im „Vorwärts“, dem in Berlin erscheinenden Zentralorgan der SPD, zeigt die deutschlandweite Aufmerksamkeit für das Pogrom im kleinen Dorf Autenhausen. (Quelle: Vorwärts, 20.9.1924)